Oberbayern: kalligraphisch und landschaftlich ein Augenschmaus!


Dieses Jahr habe ich in Oberbayern Urlaub gemacht: Das Chiemgau samt Chiemsee hat unglaublich viel zu bieten: touristisch, landschaftlich, kulinarisch und ganz wichtig: auch kalligraphisch.
Das ehemalige Kloster Seeon (Seebruck-Seeon) vereint gleich etliche Höhepunkte auf einmal: landschaftlich eingebettet in Moorlandschaft und einen wunderschönen See (mit Badestegen für Hausgäste) ist es heute Kultur- und Bildungszentrum, unter anderem werden auch Kalligraphie-workshops angeboten. Auf dem kleinen Friedhof finden sich allerhand schriftgrafisch interessante Grabsteine.
Der Friedhof des Klosters Seeon
Jede Menge schöner Grabsteine gibt es auf dem kleinen Friedhof zu sehen. Die ungewohnten Kreuzzeichen stehen für den russisch-orthodoxen Glauben. Das Familiengrab ist mit reichem Ornament verziert, in der Mitte glänzt eine Vergoldung.
Die zugehörige Kapelle ist mit ihren manieristischen Malereien aufs Feinste restauriert.
Hier ein besonders schöner Grabstein mit üppigem Ornament und Vergoldung.

Es gibt aber nicht nur schöne Grabsteine, auch eine durchaus kuriose Inschrift findet hier ihren Platz: "Hier ruhet Rudi Biermann, Schlosswirt von Seeon. Hier ruhet er ohne Weib, Kind und Wein, mit seinem Herrgott ganz allein.

Und dann noch das Grab von Anastasia Menahan, der angeblich einzig überlebenden Zarentochter. Eine längere Geschichte, ich habe mich durchgelesen und verstanden dass es nur eine Geschichte ist... Trotzdem: sollte sie sich doch noch als wahr herausstellen, hätte Seeon hier ein echtes Prominenten-Grab.
Aber jetzt: Das Skriptorium!
Ein Leckerbissen für alle Freunde der Schrift!
Im Kloster selber findet man nun das Skriptorium, geöffnet täglich von 10.00 bis 17.00 Uhr, bei freiem Eintritt. Es ist kleines Museum, das das mittelalterliche Schreiben darstellt. Schön gestaltete Wandpanele geben einen guten Überblick.
Kalligraphiematerial im Mittelalter
Schreibfedern: Früher musste das Federvieh dranglauben

In Vitrinen findet sich reichlich Anschauungsmaterial für die Herstellung der verschienen Kalligraphiematerialien.
Gänsefedern samt kleinen Hörnern, die die Farbe halten: wir sehen eines für rote Farbe und eines für schwarze Farbe.
Herstellung von Tinte: schwarz und farbig. Auch Eisengallustinte war im Programm
Hier sieht man schön die Zutaten für das Kochen von Eisengallustinte: Die Galläpfel der Gallwespe als Hauptzutat sowie Eisenvitriol. Die Eichenblätter liegen dabei, weil die Gallwespe die Galläpfel bevorzugt an Eichen bildet. Eisengallustinte ist auch heute noch eine bevorzugte Schreibtinte. Ich koche sie nach einem mittelalterlichen Rezept - sie ist in meinem Kalligraphieshop erhältlich.
Ergänzt wird das Angebot noch durch allerhand Kalligraphiematerial, das man im Klosterladen erwerben kann: Kalligraphiebücher, Tinten (bald vielleicht auch die Eisengallustinte und die Tintenminis / Dinky Dips aus meinem webshop!), Stahlfedern und Federhalter, sowie einige buchbinderische Preciosen.
In den weiteren Ausstellungsräumen findet eine sehenswerte Ausstellung der Künstlerin Rosemarie Zacher statt: Der Gwamperte, die Gschlamperte, der Kini. Wie der Titel schon andeutet, witzig, hintersinnig und durchaus deutlich.
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